2. Kapitel – Die Karwer- oder Lobeke-Burg

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Der Grenzraum der Prignitz war bei den ständigen Kämpfen, die die Jahrhunderte zwischen der Besiedelung der deutschen Mark und der endgültigen Befestigung der Zollernmacht, reich mit festen Häusern und Burgen besetzt. – Ungefähr 1,5 Kilometer von Neuhausen entfernt, lag am 10 Morgen großen Mühlenteich die sogenannte „Karwer- oder Lobekeburg“. Sie war erbaut zum Schutz der alten Heerstraße, die von Dambeck über Klüß, aus Mecklenburg ins Brandenburger Land führte; sie beherrschte diese Straße und zugleich den Übergang über die Karwe. – Ein Wall – ziemlich in der Form eines länglichen Rechtecks, umgibt das Ganze, umspült von dem sehr tiefen Teich der Karwer Mühle. Die Befestigung der Burg durch Wälle, Gräben, der leicht zu verteidigende Zugang beweisen, daß diese Wasserburg nicht unbedeutend gewesen sein muß. Mitten durch den Mühlenteich führte von der Burg ein breiter Steindamm, heute 10 Fuß unter dem Wasserspiegel und bei hellem Wetter sichtbar, eingefaßt von mächtigen Eichen, deren abgesägte Stämme noch erhalten sind. Dem Eingang gegenüber stand ein fester Turm, dessen Fundamentreste noch im Müllergarten zu sehen sind. Sein Zweck war unfehlbar, die alte Burgmühle zu schützen und den Weg, der zwischen ihm und dem Burgwalle läuft, zu sperren.

Als ein zweiter Stützpunkt befand sich im Dorf Klüß (Klause) eine Befestigung, die im Hofe des Erbpächters Feilke zum Teil noch vorhanden ist. Hier sollen sich Reisige verborgen gehalten haben, nachdem sie den Übergang über die Karwe mit Ketten gesperrt hatte, um die reisenden Kaufleute zu überfallen und zu berauben. – Diese äußerst starke Burg wurde 1444 durch die bewaffnete Bürgerschaft Perlebergs zerstört. – In diesem Jahre kam es zwischen Heine von Winterfeld auf Dallmin und dem nahen Perleberg zu einem Streit, dessen Verlauf im 13. Heft der „Prignitzer Volksbücher“ ausführlich erzählt ist („Die Dallminer Fehde“, von M. Gilow). Die Burg gehörte einem Vetter des Heine von Winterfeld, Lobeke. Vielleicht auch, daß er sie nur von seinem Verwandten zum Wohnsitz angewiesen erhalten hatte. Diese Lobeke-Burg wurde nach ihrer Zerstörung durch die Perleberger nicht wieder aufgebaut. Die Zeit, da man der schützenden Burgen bedurfte, ging allmählich zu Ende.

Dem Lobeke, der 1478 starb, gehörte das nahegelegene Dorf Klüß, Gut und Dorf Drafahl, mit allem Zubehör nebst Kirchenlehn, sowie 1/4 der Einkünfte der Mühle, des Kruges und Gerichtes in Slate bei Parchim. – In unmittelbarer Nähe der erwähnten Burg lagen außer einer Meierei und Hansens Hof, auch der Hof eines Chim (Achim) Schmidt´s Hof. Dieser hatte anno 1503 noch an Lobkes Erben in Dallmin jährlich 1 Pflug, 12 Scheffel Roggen, 8 Scheffel Gerste, 4 Scheffel Hafer und 1 Zehntlamm zu entrichten. – Durch die Zerstörung der Feste blieben keine Baudenkmäler zurück. Alles verfiel im Laufe der Jahrhunderte, und die Gräben füllten sich durch die vom Weidevieh heruntergetretenen Wälle.

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