1. Kapitel – Die früheste Geschichte der Neuhauser Burg

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Am Nordwestrand der Prignitz, hart an der mecklenburgischen Grenze, etwa 6 Kilometer nordöstlich von Dallmin, liegt Gut und Dorf Neuhausen, mit zusammen 200 Einwohnern. Die Reste einer mittelalterlichen Doppelburg im Osten des Dorfes beweisen, daß Neuhausen einst ein wichtiger Grenzpunkt der Prignitz gewesen ist.

Die Geschichte der Burg Neuhausen ist uralt. Wahrscheinlich bestand hier schon vor 1100 eine alte wendische Befestigung. Denn schon im Jahre 1147 wurde Neuhausen von den Wismarschen zerstört, als Markgraf Albrecht der Bär einen Kreuzzug gegen die heidnischen Wenden unternahm, um sie für immer dem Christentum und dem deutschen Reiche zu unterwerfen.

Albrecht der Bär hat dann aber gewiß nicht gezögert, die Burg wieder aufzubauen und mit einem Burgvogt zu besetzen, der diesen wichtigen Punkt gegen die feindlichen Nachbarn mit seinen Mannen zu behaupten hatte, und ihm jederzeit mit Roß und Knechten zu Diensten stehen mußte. Auch mußten die Burgen immer dem Landesfürsten offen stehen. Denn eine feste markgräfliche Residenz gab es noch nicht; der Landesherr erschien mit seinem zahlreichen Gefolge bald hier, bald dort auf den einzelnen Schlössern, deren er eine große Menge besaß.

In einer alten Urkunde wird von castellanis residentibus in novo castro gesprochen, d.h. von Burgleuten, die in der neuen Burg (Neuhausen) ihren Wohnsitz hatten. Im Friedensschluß vom 25. November 1317 zwischen Herzog Heinrich von Mecklenburg und Markgraf Waldemar wurde beschlossen, daß neben anderen auch Schloß Neuhausen geschleift und nie wieder aufgebaut werden sollte. Aber bereits 1318 lesen wir wieder in alten lateinischen Urkunden von einem „neuen befestigten Haus bei Perleberg“, das als „novum castrum prope Perleberg“ darin erwähnt wird.

Im Anfang desselben Jahrhunderts gehört Neuhausen zum Lande Perleberg, 1322 zu Lenzen und 1400 zur Vogtei Grabow; dem Grafen Heinrich von Schwerin gehörig. – Es war damals ein beliebtes Pfandobjekt. Die stets geldbedürftigen brandenburgischen Markgrafen hatten zwar beträchtliche Einkünfte aus dem Grundzins, den gerichtlichen Bußen und vorzüglich in dem Zehnten; aber die unaufhörlichen Kriege, die Pracht des Hofstaates mit verschwenderischen Festen, kosteten Geld. Gern wurden dann die Pfandstücke an der Grenze angewiesen. – Mit diesem Kauf auf Wiederkauf war fast immer ein Wechsel der Besitzer verbunden ; denn die Lehen wurden eingezogen und an andere verliehen. So waren im Jahre 1343 die Brüder Henricus et Arnoldus, 1345 ein Nicolaus von Lohbeck und 1346 ein Gherardus auf „nova domo“ d.h. „Neues Haus“ als Burgmannen ansässig. Die Burgmannen hatten nur das Schloß zu beschützen und brauchten nicht, wie die übrigen Lehnsleute, ihrem Herrn im offenen Felde Kriegsdienste zu leisten.

Erst 1396 wird Klaus von Rohr mit Nigenhus belehnt, während bereits im Jahre 1344 Markgraf Ludwig I. seinem „lieben getreuen Kune von Winterfeld für treu geleistete Dienste“ Dallmin mit Hebungen in Blüthen und Strehlen verleiht. Dallmin war noch bis 1506 dem Lande Mecklenburg einverleibt, dagegen muß Neuhausen zur Zeit des Jobst von Mähren wieder zu Brandenburg gehört haben. Denn als der Kurfürst Friedrich I. 1413 in der Mark erschien, damit der Adel und die Städte des Landes ihm huldigen möchten, unternahm der „alte“ Hans von Rohr und sein Bruder Klaus mit dem übrigen Prignitzer Adel 1413 einen Streifzug gegen den Hohenzollernfürsten in die Gegend von Jericho. Aber bald unterwarf sich der gesamte Adel, und Friedrich übte Vergeben und Vergessen.

Als im Jahre 1431 die vereinten Mecklenburger, Sachsen und Lüneburger einen kühnen Raubzug ins Land Perleberg unternahmen, überrumpelten und zerstörten die Mecklenburger Herzöge Nygenhus und gaben erst 1438 die zerstörte Burg an den von Rohr zurück; besonders wurden auch die Einwohner von Postlin hart heimgesucht. – Es folgten dann aber ruhigere Zeiten. Der mit Nachdruck gehandhabte Landfriede steuerte den Fehden; sie treten nur noch vereinzelt auf, „denn niemand sollte“, so hieß es in der landesherrlichen Verkündung, „den anderen befehden, berauben, fangen, belagern, noch auch irgendein Schloß, Dorf oder Weiler einnehmen oder mit Brand schädigen“.

Durch die Erfindung des Schießpulvers trat in der Kriegführung eine Wende ein; der schwere Panzer, der Schild und der Helm verlieren ihren Wert, und zwischen die Reihen der schildtragenden Vasallen treten Söldner, die die stehenden Heere bilden.

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