4. Kapitel – Die Winterfelds und Rohrs in Neuhausen

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Wenden wir uns jetzt mehr den Besitzern von Neuhausen und den Einwohnern der umliegenden Ortschaften zu. – Das Geschlecht derer von Winterfeld, dessen uralter Stammsitz Dalmyn und das seit 1620 in Neuhausen ansässig ist, kam mit König Heinrich (919-936) aus Thüringen und Sachsen ins Wendenland und erwarb zuerst in Pommern große Besitzungen.

Mit Dalmin, das 1654 mit unter den Prignitzer Städten aufgezählt ist, hat es die allbekannte Wappensage gemein:

“Ein Jägersmann, noch jung und von unbekanntem Schilde, hatte sich vom ruhenden Jagdgefolge seines Herrn entfernt, um ungestört seiner härmenden Liebe nachzuhängen. So träumend und sinnend auf dem Roggenfelde, erschreckt ihn das Geheul nahender Wölfe. Er richtet sich empor und sieht daß der stärkste unter ihnen, der Führer des Zuges, raubgierig auf ihn und den ruhenden Kreis des Jagdgefolges zueilt. Die Gefahr ist groß! Da stellt er sich bereit zum Kampf auf Leben und Tod; denn die wütende Bestie ist eben im Begriff, im Sprunge über die Garben sich auf ihre Beute zu stürzen. Der Jäger umschlingt in seiner Bestürzung das springende Tier mit den gepanzerten Armen und preßt es mit übermenschlicher Kraft zusammen, daß sein Angstschrei weithin ertönt. – Die folgende Rotte der Wölfe stutzt, die ruhenden Jäger erwachen, greifen darauf schnell zu den Waffen und verjagen den gemeinsamen Feind. –

“Für diese mannhafte, rettende Tat” befiehlt der dankbare Fürst, “sei Dir im Schilde der springende Wolf und die gebundene Garbe; der Helm zeige die geschienten Arme, wie sie den Wolf erdrücken. Doch damit als Vasall Du auch ferner mein eigen, wähle eine Gnade Dir!”

Der junge Held zeigt auf die wilde Waldgegend und ruft: “Dat all min!” – Sein Wunsch wurde erfüllt. – Dallmin blieb bis 1799 in Winterfeld´schem Besitz, wo es alsdann an den Deichhauptmann von Jagow auf Rühstädt überging. Heute ist es Eigentum des Staatsministers a. D. Erz. von Podbielski.

In der Schloßkapelle, dem früheren Jagdzimmer zu Neuhausen, ist auf einem alten Wandgemälde eine Schar Ritter beim Würfelspiel und Zechgelage versammelt. Plötzlich erscheint der Teufel und erwischt den Falschspieler, während die anderen Anwesenden erschreckt von den Bänken auffahren, die vollen Becher umwerfen und die Flucht ergreifen.

Solche Zechgelage waren geeignet, auch die Finanzen eines Ritters zu erschüttern. Denn während im 15. und 16. Jahrhundert die Herren von Rohr hierselbst an Macht und Ansehen stiegen, war 1620 Hans von Rohr mit seinen Gütern Neuhausen und Freyenstein in Vermögensverfall geraten. – Am 23. Februar 1620 erwarb Georg von Winterfeld, Kurbrandenburgischer Geheimer Rat, Landvogt der Neumark, Herrenmeister des Johaniterordens, Herr auf Dalmin, Neuhausen, Freyenstein, Varnow, Kleinlinde, Neuendorf und Kehrberg die sogenannten “halben Neuhausschen” und Feyensteinschen Güter. Ausgenommen war von diesem Kauf die andere Hälfte der Neuhausenschen Güter, der sogenannte Rohrsche Anteil, sowie “Klieste und Munkerkuhl”, als der “Rohrschen Frauen Leibgedinge”,, die erst 1902 in Winterfeld´schen Besitz kam, da der letzte von Rohr schwachsinnig war und ohne Erben starb. – Aus diesem Kaufvertrag entnehmen wir, daß in Kleeste bereits um diese Zeit das verkaufte Schulzengericht (Quirlings Hof) vom Gute getrennt und Haases Hof freigemacht war. Letzterer (gegen 230 Morgen) war nämlich im Jahre 1643 für 55 Taler käuflich zu erwerben.

Dieser vorhin genannte Georg von Winterfeld hatte ein Duell mit Joachim von Rohr, der ihn wiederholt hatte fordern lassen. In diesem Zweikampf wurde letzterer “durch einen Stich dermaßen verletzet, daß er zur Stelle und Stunde Todes verblichen”. – Der Enkel des Rohr, Franz Jakob, soll dem Georg von Winterfeld, um den Tod seines Großvaters zu rächen, aufgelauert haben, um ihn zu erschießen; die Pistole habe jedoch versagt, und der Täter sei vor vollführeter Tat ergriffen und dem Gerichte übergeben.

Das Georg von Winterfeld nicht allein bald begnadigt wurde, sondern auch völlig schuldlos dastehen mußte, beweisen die zahlreichen Aufzeichnungen, die bereits erwähnt wurden. – Dennoch ist die Sage von einem Zweikampf, der im Schloß zu Freyenstein im obersten Stockwerk stattgefunden haben soll, daselbst im Volke lebendig und ist Ursache, daß noch heute die große Menge glaubt, der Geist des Gefallenen ginge hier um.

Wie sehr die Winterfeld´schen Güter bereits zu Anfang des 18. Jahrhunderts angewachsen waren, zeigt der Teilungsrezess des Joachim Dietloff von 1726, der seine gesamten Güter unter seine 7 Söhne teilte, damit “kein Streit unter den herzlich geliebten Kindern entstehe, noch unter deren Kindern keine Zwistigkeiten entspringen, sondern alle in einer beständigen Harmonie, Gott wohlgefälligen Freundschaft und christlichen Einigkeit verblieben.”

So gehörten zur 1. Kavel:
Freyenstein nebst allem Zubehör, nebst den Dörfern Nemerlang, Beveringen und Buchholz.

Zur 2. Kavel:
Kehrberg mit allem Zubehör, auch deren Untertanen daselbst, ingleichen Rittersitz und Dorf Vettin, Rittersitz und Dorf Kramtze (Krams), Rittersitz und Untertanen in Gaartze, Lindenberg und Pachthühner aus Neukirchen.

Zur 3. Kavel:
Neuendorf, Barenthin, Holzhausen, Zernitze und die Untertanen in Fehrbellin.

Zur 4. Kavel:
Der Winterfeld´sche Anteil in Neuhausen, mit halbem Dorf, Kleeste, Reetze, Steinberge und Blüthen.

Zur 5. Kavel:
Der Rohr´sche Anteil und die andere Hälfte des Dorfes Neuhausen, kleinen Berge, Pyrow und Guhlow.

Zur 6. Kavel:
Varnow, Beeke, Breesche, die Lehnhufen in Wittstock, Gefälle aus Schönhagen, die Pächte der Pritzwalk´schen Mühle, der Hainholzmühle und dem Mühlensteg,

und zur 7. Kavel:
Munkerkuhl, Karwe, Triewe (Kribbe), Großen Berge und Scheinekafen.

Nach diesem Testament erhielt Gebhard von Winterfeld den Rohr´schen (5), aber bereits 1730 von seinem Bruder auch den Winterfeld´schen Anteil (6) und legte dann die Vorwerke Neuhof und Burow an.

Unter den vielen Bildern im Ahnensaal des Schlosses zu Neuhausen erregen wohl 2 Gemälde unser reges Interesse und zugleich herzliches Mitleid, nämlich die Mutter und die Schwester des unglücklichen Jugendfreundes Friedrich des Großen, des Leutnants von Katte.

In dem rührenden Briefe, den der greise Generalfeldmarschall von Katte an den König richtete, heißt es:

“Ew. Majestät werden allergnädigst geruhen, uns eine Hand voll Blut, als womit Ew. Majestät nicht gedient sein könne, und warum wir sie so flehentlich bitten, hinwiederum zu schenken und mein graues Haar mit so viel Betrübnis nicht lassen in die Grube bringen usw.

Der König erwiderte sofort ablehnend und schließt:

“So hätte er wohl verdient, daß er mit glühenden Zangen zerrissen würde, doch habe ich die Strafe so weit gemindert, daß ihm zum Exempel und Warnung anderer der Kopf soll abgeschlagen werden.”

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